Rund hundert Erwachsene und Kinder mit Armutserfahrung formulieren Forderungen an die Politik

Auf dem heutigen 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin kamen mehr als 100 Beteiligte sowie Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland zusammen, um sich über ihre Situation auszutauschen, gesellschaftliche Probleme zu besprechen und ihre Forderungen auszuarbeiten. Die Selbstvertretung war mit einigen Teilnehmenden vor Ort.

Ein Ergebnis des Treffens: Die Kinder und Jugendlichen formulierten einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. „Viele Teilnehmende schilderten ihre Wahrnehmung, dass die aktuellen politischen Debatten völlig an der realen Lebenssituation und der täglich erlebten Not von in Armut lebenden Menschen vorbeigehen“, berichtet Renate Antonie Krause aus Kiel, die das Treffen mit vorbereitet hat. „Statt wirksame Hilfen umzusetzen, werden Menschen in Armut ständig diskreditiert.“ So sei es völlig unklar, welche der mit dem Bürgergeld und der Grundsicherung verbundenen großen Versprechen überhaupt umgesetzt werden. „Im Bundeshaushalt sind die Mittel rapide zusammengekürzt worden, mit denen die individuelle Förderung ermöglicht werden sollten. Und die Menschen in der Grundsicherung im Alter sind überhaupt aus dem Blick geraten“, kritisieren die Teilnehmer.

Die Teilnehmenden erarbeiteten ihre Forderungen in Workshops zu den Themen Wohnen, Existenzsicherung und Zugang zu Sozialleistungen.

Im Workshop Wohnen wurde deutlich, wie existenzbedrohlich die aktuelle Lage am Wohnungsmarkt für Menschen mit wenig Geld ist. Millionen von Menschen sind von Wohnungslosigkeit betroffen. Das ist ein ganz zentrales Problem und muss endlich zur Kenntnis genommen werden. Die Politik muss ihrer Verantwortung nachkommen, dagegen endlich wirksame Maßnahmen umzusetzen, fasst eine Teilnehmerin aus Oberhausen im Ruhrgebiet das Anliegen der Beteiligten zusammen. Es gehe hier nicht um irgendeine Angelegenheit neben anderen, sondern ganz banal um ein menschenwürdiges Leben in Würde: „Wohnen ist Schutzraum und zugleich Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben“

Das Vertrauen darauf dass alle Menschen guten und ausreichenden Wohnraum bekommen hat aber auch noch eine weitere Bedeutung, erläutert ein Teilnehmer aus Ludwigsburg bei Stuttgart. „Wenn ich jeden Tag befürchten muss, gar nicht mehr sicher Wohnen zu können, bedroht das die Menschen existenziell. Nicht zuletzt erodiert so das Vertrauen in den Staat. Das kann bis zu Wahlerfolgen der AfD führen, obwohl deren Programm die Situation der Menschen noch weiter verschlechtern würde. Wohnen ist Grundrecht

Die Workshopteilnehmenden formulierten als Kernforderungen:

• Die Antwort auf Wohnungslosigkeit muss immer eine Wohnung sein
• Leerstand durch Spekulation beenden!
• Funktionierende Mietdeckelung – selbst für den Mittelstand sind die Mieten zu hoch
• Digitalisierung und damit Wohnraumzugänge auch für Obdachlose ausbauen, zum Beispiel durch kostenloses und ständig verfügbares Internet, Stromzugang und Hilfe bei der Nutzung
• Die Macht der SchuFa wirksam begrenzen
• Mehr Unterstützung bei Mietschulden oder fehlenden Bescheinigungen

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